eine kleine geschichte ...

  • Mein alter treuer VW-Bulli, Bj. 1955 hat mich ja noch nie in Stich gelassen. Er läuft immer noch mit erstem Motor und Getriebe. Treu nach dem Motto: und läuft, und läuft, und läuft.
    Sogar die Alpen hat er auf einer Urlaubsreise nach Italien schon überquert, als ich ihn ihm Jahr 1966 mit wenigen Kilometern auf dem Tacho vom Vorbesitzer kaufte.
    Heute jedoch muckt er das erste Mal ernsthaft. Nur ein zögerliches Startverhalten und auch von seiner sonst hervorragenden Beschleunigung durch die unglaublichen 30PS wenn ich ihn auf die 3.400U/min hochjubele ist nichts mehr zu spüren.


    Da eigene Defektsuchversuche nichts brachten, blieb mir nur noch der Weg in eine dieser modernen VW-Service-Center (ist VW keine deutsche Firma mehr?) am Rande der nächstgelegenen Stadt.
    Früher konnte ich immer zu unserem Dorfschmied Hannes fahren, der meinen Bulli in- und auswendig kannte und innerhalb kurzer Zeit erforderliche Servicearbeiten durchführte. Dafür lud ich ihn dann abends zum Braunkohlessen mit reichlich Bier und Korn ein. Doch leider ist Hannes vor 2 Jahren gestorben und sein Sohn macht nur noch in Kunstschmiedearbeiten.
    Also fahre ich auf den großzügigen Parkplatz des Service-Centers.
    Ein Schild mit der Aufschrift "SERVICE-ADOPTION" verwirrt mich nur kurzfristig. Ein freundlicher junger Mann mit der Aufschrift an seinem blauen Kittel "Service-Meister" begrüßt mich freundlich und fragt nach meinem Problem.


    Ich: "Mein Transporter springt schlecht an und fährt mit Stocken und Ruckeln."
    ER: "Welches Model? T4 oder T5?"
    Ich: "T was? Ein ganz normaler Bulli."
    Er: "Welches Baujahr?"
    Ich: "1955"
    (Er schluckt und wird etwas blass. Vermutlich ist er um einiges jünger als mein Bulli)
    Er: "Geben Sie mir bitte die Schlüssel, ich mache eine Probefahrt."
    Ich: "Hier bitte, aber passen sie beim Herunterschalten auf. Nicht zuviel Zwischengas geben, das mag er nicht."
    (Er wird noch etwas blasser und ich glaube zu bemerken, dass die Hand, die den Fahrzeugschlüssel hält, leicht zittert.)
    Er: "Na, da lassen wir die Probefahrt. Fahren Sie bitte in den Diagnosestand 2."
    (Ich gehe also zum Bulli, rede ihm gut zu, er springt auch noch recht gut an und wir fahren in den Diagnosestand. Ich komme mir vor wie in unserer Molkerei auf dem Dorf. Alles ist weiß gefliest und pikobello sauber. Nur gut, dass der Motor kein Öl verliert. Die Kuhfladen aus den Radkästen sind hoffentlich schon auf der Fahrt hierher abgefallen.
    Der Meister kommt nun mit einem Rolltisch, auf dem oben ein Fernseher steht. Ob das Kundenservice für mich ist?)
    Er: "So, nun will ich unser neues Diagnosegerät anschließen, das den Fehler sofort auslesen wird."
    (Er bewegt sich mit diesem Tisch in Richtung Vorderwagen)
    Ich: "Nein, die Scheinwerfereinstellung stimmt! Der Motor hinten macht Probleme."
    Er: "Motor hinten? Ach ja, stimmt. Das ist die Macht der Gewohnheit. Ich hatte hier noch keinen Heckmotor-Transporter."
    (Der Meister geht also zum Fahrzeugheck, ich öffne die Motorklappe und bemerke, dass er etwas ungläubig schaut.)
    Er: "Wie? Das ist ja eine kleine Öffnung. Können Sie mir sagen, wo hier der Anschluss für das Diagnosegerät ist?"
    Ich: "Nein. So etwas hatte der Schmied bei uns im Dorf nicht."
    Er: "Einen kleinen Moment, das haben wir gleich. Ich bin sofort zurück."
    (Der Meister kam auch nach ca. 20 Minuten mit hochroten Kopf zurück.)
    Er: "Ich habe mit VWNVZ telefoniert. Ihren Transporter können wir nicht elektronisch checken. Lassen sie ihn bitte einmal laufen."
    (Ich starte also.)
    Er: "Bitte mehrmals Gas geben!"
    (Im Rückspiegel kann ich beobachten, wie er in den Motorraum hineinhorcht und dabei eine sorgenvolle Miene bekommt.)
    Er: "Gut! Bitte Motor ausstellen. Kommen sie einmal, wir müssen dies besprechen."
    Ich: "Was sollen wir besprechen? Sie sollen den Defekt beheben."
    Er: "Da ist nichts zu beheben. Der Motor ist an seiner Lebensgrenze angekommen. Ein Austausch lohnt sich nicht wirklich. Daher wäre es am sinnvollsten, wenn sie sich mit einem unserer Car-Seller zusammensetzen, um eine für Sie sinnvolle Alternative zu finden. Die Entsorgung des Altfahrzeuges übernehmen selbstverständlich wir."
    (Ich bin nun total geschockt. 52 Jahre hat mich nun mein Bulli begleitet und nun ist er ein "Altfahrzeug"? Er ist doch noch 7 Jahre jünger als ich und ich fühle mich auch noch nicht alt und ausgemustert.
    Wenige Minuten später sitze ich einem Menschen im Anzug gegenüber. Ein junges Mädchen im Minirock bringt uns einen Kaffee.)
    Er: "Schade um Ihr Fahrzeug, doch ist das kein wirkliches Problem. Hier, unsere neueste Fahrzeugserie, ein T5 Caravelle mit einem kraftvollen 2,5 TDI-Motor. Basispreis nur 37.098,25 Euro."
    (Mir fällt beinahe die Kaffeetasse aus der Hand. Einige Spritzer landen trotzdem auf dem Hochglanzprospekt vor mir.)
    Ich: "Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Für meinen Bulli habe ich damals 2.700 DM bezahlt. Und dieser neue soll nun ca. 75.000 DM kosten?"
    Er: "Aber bedenken Sie die technische Weiterentwicklung in den vergangenen Jahren. Kraftvollere Motoren, größere Karosserie, elektrische Fensterheber und last, but not least die Möglichkeit, nahezu jeden technischen Defekt mittels Diagnosegerät schnell erkennen zu können. Das fehlerhafte Teil wird dann in Minutenschnelle ausgewechselt."
    Ich: "Und wer übernimmt die Kosten dafür?"
    Er: "Im Rahmen der Garantielaufzeit, vorausgesetzt die vorgeschriebenen Inspektionen wurden in einer VW-Vertragswerkstatt vorgenommen, kostet Sie das nichts."
    Ich: "Und das ist alles im Kaufpreis enthalten? Das ganze Autoleben lang?"
    Er: "Wo denken Sie hin? Die Garantiezeit beträgt 2 Jahre. Sie können aber weitere 3 Jahre über die "Volkswagen LifeTime Garantie – Versicherung" kostengünstig abdecken."
    (Irgendwie fühle ich mich über den Tisch gezogen. Ich wollte doch lediglich einen kleines Startproblem beheben lassen und kein finanzielles Abenteuer beginnen. Ich bedanke mich daher freundlich für den Kaffee, murmele etwas von "muss noch einmal überlegen", nehme das kaffeefleckenbesudelte Prospekt an mich und tuckere mit meinem Bulli mehr schlecht als recht in Richtung Heimat. Dort angekommen hänge ich mich ans Telefon und rufe meinen Freund Krischan an. Der fährt einen alten VW-Käfer und weiß vielleicht Rat, an wen ich mich sonst noch wenden kann.)
    Ich: "Moin Krischan, mein Bulli muckt. Startet schlecht und fährt stockend."
    Er: "Zündkerzen überprüft?"
    Ich: "Ja, gerade erneuert."
    Er: "Und die Zündkabel?"
    Ich: "Weiß nicht, das sind wohl noch die ersten. Haben aber immer gut funktioniert."
    Er: "Austauschen! Die haben noch eine Kohleseele. Irgendwann wird die brüchig."


    Das war nun neu für mich. Von schwarzen Seelen spricht unser Pastor zwar häufig, doch Kohle hatte ich nun in meinen Zündkabeln nicht vermutet. Und so bestellte ich mir einen niegelnagelneuen Satz Zündkabel für meinen Bulli zum Preis von 10 Euro in einem Versandhaus für luftgekühlte VW-Modelle. 3 Tage später waren die da. Ich steckte die Kabel auf, startete und --- war überrascht. Der Motor sprang ohne Zögern an und auch die anschließende Probefahrt brachte wieder das gewohnte Beschleunigungsvergnügen. Auf der 5km langen Verbindungsstraße zum Nachbardorf konnte ich auch die Tachoanzeige bis auf 110km/h hochschrauben. Gut, die Straße geht etwas bergab, doch ein tolles Gefühl war es allemal. Ob ich nun wieder einmal eine Reise zum Gardasee wage?
    Das Hochglanzprospekt für den T5-Bus werde ich bei der nächsten Gelegenheit jedenfalls zurückbringen. Für mich ist ein solcher Hochpreiswagen einfach keine Alternative.


    edit sagt das der text geklaut ist :)

  • als ich ihn ihm Jahr 1966 mit wenigen Kilometern auf dem Tacho vom Vorbesitzer kaufte.


    Eine schöne Geschichte, ehrlich! :) Deine ist das aber auch nicht, du wärest mit 6 ein wenig zu jung gewesen.
    Mein ältester Wagen ist der 1966er Duetto; ich hab ihn jetzt 25 Jahre, und der hat mich oft im Stich gelassen. Allerdings lag das eher an der Pflegementalität der Vorbesitzer, von denen er so einige hatte.
    Leider steht der jetzt schon über 20 Jahre; wenn ich die Rente bekomme und ich viel Zeit habe, werde ich ihn aus dem Dornöschenschlaf holen. Ähnlich wie der Niederländer aus der Gegend von Utrecht, der Anfang des Jahres meine teilrestaurierte Rohkarosse einer 2000er Berlina kaufte.
    Joachim

  • Es wird heutzutage auch nichts mehr von der alten Technik in der Berufsschule behandelt, da wird mal kurz ein Vergaser gezeigt, mit dem Komentar "Das werdet ihr nie wieder sehen" dasgleiche mit nem Zündverteiler und allen anderen Bestandteilen unserer Autos.


    Die Mechatroniker stehen vor den alten Autos und verstehen die Welt nich mehr, ich hab das schon vielfach ausprobiert.


    Wer sollen denn in 10-15 Jahren unsere Autos reparieren (ausser wir selbst).

  • Da krieg ich schon wieder das kotzen bei diesen Autohäusern. Immer schön Neuwagen verkaufen. würg. Und dem Vogel der Meister auf seiner Kutte zu stehen hat hätte ich in Grund und Boden gequatscht als er mit dem Diagnosegerät ankam. Bin nicht annähernd so alt wie dein Auto, aber so blöd kann man doch nicht sein. Der hätte sich nach mir vor lauter Scham ne Woche Urlaub genommen. Tolle Geschichte, aber da sieht man doch das selbst die Markenidioten sogar als Meister nur noch Teiletauscher sind. Man ich hätte das nicht lesen sollen, mein Blutdruck. :) heftig heftig

  • Ich hatte auch schon solche Erlebnisse. Meine damalige Freundin musste ja unbedingt einen Ölwechsel beim A112 Junior (Abarthmotor) bei ATU machen lassen. Ich bekam berichtet, dass die Schnösel die Öleinfüllmenge laut Schlüsselnummern herausgesucht hatten. Vom Abarthmotor und Ölkühler hatten die nie was gehört, aber jetzt kommt der Hammer. Der Gummi des Olpeilstabes war wie so oft total marode, so daß wenn man nur kräftig genug drückte den Stab bis auf den Ölwannenboden gedrückt hat. So auch geschehen, mit dem Ergebnis ganze 1 1/2 Liter Öl im Motor! Mit Peilstab kontrolliert und die Literangabe aus dem Computer ignorriert. Ergenbis: Motorschaden. Die Kipphebel hatten Anlassfarben und alle Lager platt. Anfängliche Ausreden seitens Unger wurden wiederlegt und nach einer Belehrung über Abarthmotoren und deren Unterschiede zu kleinen Motörchen wurde der Schaden nach Androhen einer Klage mit 1500 DM abgegolten.
    Der Motor hat übrigens noch 55tkm nur mit neuen Lagern und einer gebrauchten Kipphebelachse gehalten.


    Oliver

  • Zitat von Marcus

    Ich habe da den Zahnriemen der Familienhulla wechseln lassen. 560€ gegenüber 903€ bei Renault. Bei beiden gesetzliche Gewährleistung.


    War ich dumm?


    Ja,warste !!!!!!
    Wir geben gleich ungesehen min. 10% Nachlass auf ATU KOVO´S !
    Denn aus Erfahrung wissen wir das die teuer sind,bzw. einfach mal ne Spann.- o. Umlenkrolle weglassen um den Preis zu halten!
    Ich weiß das viele Meisterhaftbetriebe ähnlich verfahren mit den Rabatten !
    Es gibt bestimmt auch einen in deiner Nähe !
    Bei denen bekommst du auch deine Garantie !
    Pfui Deibel Markus,sowas hier zu erwähnen !!!!!!
    Schraubst wohl da ?
    Achso,Finanzierung gibts auch in deiner Meisterhaft Werkstatt !!!
    Guten Rutsch !

  • Zitat von italo-freak

    Ja,warste !!!!!!
    Wir geben gleich ungesehen min. 10% Nachlass auf ATU KOVO´S !


    Wer ist "wir"? Muss ich dann nach Berlin fahren?


    Zitat von italo-freak

    Denn aus Erfahrung wissen wir das die teuer sind,bzw. einfach mal ne Spann.- o. Umlenkrolle weglassen um den Preis zu halten!


    Ich hatte alle Altteile im Kofferraum. Incl. der angebrochenen Dichtmasse und der Schraube, die sie verknorzt hatten (JA4 ist auch dämlich, deshalb hatte ich ja keine Lust)


    Zitat von italo-freak

    Ich weiß das viele Meisterhaftbetriebe ähnlich verfahren mit den Rabatten ! Es gibt bestimmt auch einen in deiner Nähe !
    Bei denen bekommst du auch deine Garantie !


    Hatte ich die Rhein-Main-Arroganz schon erwähnt? Hier zahlst Du, oder musst halt sehen, wo du glücklich wirst. Beispiel? Reifenmontage 17€/Stück. Egal, wo du hingehst. Du läufst ihnen nach. Rate mal, wo ich verzinken lasse? Hier ist auch ein Betrieb, der lässt sich löblich feiern bei Kleinaufträgen.
    Und als Garantie bekomme ich nur das, was der Gesetzgeber vorschreibt. Egal von wem. Ich habe einen guten Gutachter und eine Rechtschutzversicherung. Nur das zählt.


    Zitat von italo-freak

    Schraubst wohl da ?


    DER ist gut! Für Geld schrauben - soweit kommts noch.


    Zitat von italo-freak

    Achso,Finanzierung gibts auch in deiner Meisterhaft Werkstatt !!!


    Wenn ich bei 900€ das Finanzieren anfangen muss, fange ich doch lieber an, am Strassenrand für Geld zu schrauben. Klingt überheblich, ist aber so. Der lokale Renno-Händler war übrigens recht unflexibel am Telefon trotz Diskussion.


    Zitat von italo-freak

    Guten Rutsch !


    Auch! Schmilzt hier aber gerade.


    Macht Euch mal nen Kopp über die moderne Kfz-Werkstatt (Olivers Erfahrung mal ausgenommen):
    Wie groß ist der Anteil an Altautos wie unseren im Strassenverkehr? Vielleicht optimistische 5%. VIELLEICHT 20% davon würden das Angebot der Werkstätten annehmen, wenn es das denn gäbe, also 1% aller Fahrzeuge. Und für dieses Prozent an Autos (welches auch fast nur im Sommer gefahren wird) soll immer die Literatur das Werkzeug und natürlich auch das Personal vorhanden sein, welches spezialisiert auf Randgruppen ist? Dieser Anteil an Autos wird irgendwann noch geringer werden - ob aus Gründen der Luftreinhaltung (da habe ich meine Meinung drüber, keine Bange) oder weil die Betriebskosten zu hoch werden (warum auch immer).


    Wenn es also an jeder Ecke den Menschen gibt, der Eure Autos noch kann, dann ist er so teuer, dass Ihr schreit, er wäre nicht zu bezahlen. Schliesslich leben wir in einem Hochlohn-Land. Nicht umsonst werden X1/9 von deutschen Fachfirmen (!) für Lackier- und Polsterarbeiten nach Polen verschickt.


    Und die moderne VW-Werkstatt muss das nicht können - dafür ist sie nicht da. Der Fortschritt hat schon stattgefunden. Der Meister darf natürlich auch seine eigene Intelligenz benutzen, aber niemand hier möchte mir erzählen, der Serviceleiter häte ERNSTHAFT an einem 50 Jahre alten Kfz den Diagnosestecker gesucht. Die Geschichte ist lustig, aber nicht ernst zu nehmen.


    Und natürlich bin heute gut gelaunt. Keine Bange. :thanks: für das Durchhalten bis zur letzten Zeile.