• Am 30. Dezember ist meine Mutter gestorben. Sie hat ihre Krankheit in den vergangenen Monaten mit unglaublicher Fassung ertragen. Aber der Krebs hat seine eigenen Spielregeln und lässt sich nicht beirren. Heute war die Trauerfeier und es bleibt die Leere.
    Warum ich gerade in diesem Forum mein Leid zum Ausdruck bringe?
    In der Garage steht unser kleiner Y10, den ich seit seiner ersten Durchrostung (1997 diagnostiziert) am Leben halte. Genaugenommen ist es das Auto meiner Mutter. Sie hat es 1987 bekommen und seit 1994 durfte ich es mitbenutzen. Als es vor rund zehn Jahren offensichtlich war, dass es weitere Nässe oder gar Streusalzperioden nicht überstehen würde, wurde die (einzige) Garage sein reservierter Platz und mein Vater hat sich, nicht immer glücklich, damit abgefunden, dass sein Auto immer draußen stehen musste. Meine Mutter hat ab dieser Zeit hauptsächlich den 190er ihres 2000 verstorbenen Vaters gefahren, da meine Oma ihn nur noch selten selbst fuhr und sich auch vor einigen Jahren ganz gegen Autofahren entschieden hat. Der kleine Y10 führt seither ein Leben ganz nach seiner Befindlichkeit. Bei schönem Wetter hole ich ihn raus und genieße jede Fahrt. Das Schönste ist ein sonniger Samstag, da beginnt der Tag mit der Fahrt zum Bäcker, später zum Einkaufen, einer Fahrt zum Baumarkt (irgendwas braucht man immer), ein Besuch bei Oma. Hauptsache das Wetter bleibt trocken. Im August 2011 war ich mit dem Kleinen am Lago Maggiore. Auch meine Mutter hat immer mal wieder eine Strecke damit gemacht.
    Jetzt, nach dem schmerzhaften Verlust meiner Mutter, habe ich mich noch nichteinmal an die Garage herangetraut. Ich sehe die Bilder vor mir, wie sie das Auto fährt, ich neben ihr sitze und meine Schwester, sie ist fast 12 Jahre jünger als ich, hinten in ihrem Kindersitz trohnt. Heute bin ich 36 und meine Schwester ist 24. Es fällt mir nicht so schwer den 190er zu benutzen, weil ja meine Oma noch da ist. Aber ich habe noch keinen Mut mich dem Y10 zu nähern.
    Ich weiß, es ist auch noch viel zu nah dran, um von Aufarbeitung zu sprechen. Vielleich geht es im Frühjahr viel besser als ich es mir heute vorstelle.


    Habt ihr ähnliche Erlebnisse? Ich vermute doch, schließlich bleiben Schicksale dieser Art niemandem ewig erspart. Und wer sich mit schon lange existierenden Autos beschäftigt, wird unweigerlich auch eine Geschichte mitgebleiten. Wenn ihr mögt, schreibt doch mal über eure Begebenheiten. Frei nach dem Motto: "Geteiltes Leid ist halbes Leid". Ich wünsche allen Trauernden Kraft und Wege um die Lust am eigenen Leben neu zu entdecken.


    Daniel (der Bergziegenhirte)

  • Servus Daniel,


    erst einmal mein allerherzlichstes Beileid. Gut kann ich Deinen Schmerz verstehen.
    Bei mir ist es mittlerweile schon 13 Jahre her, dass ich meine Mutter verloren habe. Zurück gelassen hat sie,. außer vielen schönen Erinnerungen einen Fiat Panda,
    Baujahr 82, den mit dem Blechgrill noch, mit kaum 50tsd KM. Mit dem ist sie immer gefahren, einkaufen, kleine Strecken in der Umgebung, nicht weit, aber sie hat ihn sehr geliebt. Ich durfte nicht mal
    mit dem fahren, als ich meinen Führerschein gemacht habe. War eben ihr Heiligtum.
    Leider hatten wir damals keinen Garagenplatz, der Wagen stand immer, wirklich immer auf der Straße und wurde bei Wind und Wetter, Regen, Salz .... gefahren, zwischendurch immer wieder
    mal ein bissl repariert und mehr nicht, dementsprechend rostig war er dann auch schon


    Mein Vater wollte den Wagen aber nicht verkaufen oder verschrotten lassen, ist noch einige Zeit damit gefahren und hat ihn dann die letzten 6 Jahre in mühevoller Kleinarbeit wieder restauriert.


    Jetzt ist der Kleine Bär fertig, besser als neu, letztes Jahr haben wir ihn sogar in seine italienische Heimat ausgeführt und er darf seitdem auch in einer Garage "wohnen". Irgendwann, hoffentlich nicht zu bald werde ich ihn erben und er wird ganz sicher bei mir bleiben, so lange es geht.


    In diesem Sinne: versuch deinen Y10 zu erhalten, einen guten Garagenplatz für ihn zu finden und irgendwann wird der Tag da sein, an dem du mit dem Kleinen schmerzfrei und voller Freunde und
    mit viel schöner Erinnerung an die Mama fahren wirst.


    Alles Liebe
    Susanne

  • Danke Susanne, für deine Aufarbeitung. Ein Urpanda ist auch für mich etwas ganz Besonderes. Meine Oma hat von 1984-87 einen cremefarbenen 45er besessen und geliebt. Leider wurde er damals nicht aufgehoben, obwohl ich mir das damals schon gewünscht hatte. Ich habe immer zusammen mit dem Pudel auf der riesigen Ladefläche gesessen und fand das total lustig. Die Hängematte war nie eingebaut, weil meine Oma ständig irgendetwas zu transportieren hatte, was in Opas Mercedes nicht transportabel war. Als ihr Panda verkauft war hat sie oft geflucht wenn sie (tatkräftige Heimwerkerin) versucht hat die Einkäufe vom Baumarkt irgendwie in den Benz zu verladen.
    Nach dem Abi 1997 habe ich einige Monate einen schon sehr vom Rost angefressenen 34er bebastelt. Leider war er schon mit vielen kleinen Blechstücken geflickt und auch der Motor zeigte Altersschwäche. Er hätte vermutlich auch nach dem nächsten Winter endgültig alle viere von sich gestreckt. So kam er ... ich schreib es lieber nicht.
    Den Y10 gebe ich niemals her. Versprochen!


    Heinz, dir auch vielen Dank für die Worte. 2011 ist ja noch nicht so lange her. Verdammter K.

  • Servus Daniel,


    recht hast du, halt ihn in Ehren, es wird der Tag kommen an dem du dich gerne und schmerzfrei in den Y10 setzt und eine Runde drehst.


    Hier noch ein paar Bilder von unserer Panda-Fahrt.
    Der Braune hat einen anderen Grill als du vom Urpanda kennst (war damals ein Sondermodell speziell von Fiat Österreich, die Kotflügelverbreiterungen und ein "sportliches" Lenkrad waren auch dabei). Wir wollten ihn nach der Restaurierung so belassen. Für alle Fälle haben wir aber noch einen braunen Original-Grill in Reserve. Abgemeldet war er nie, siehst du an den alten schwarzen
    Kennzeichen ...


    Alles Liebe
    Susanne

  • Auch mein Beileid. Zeit heilt die Wunden.

    Zeit ist unschätzbar kostbar, aber sie kostet uns nichts.
    Man kann mit ihr tun was man möchte, aber nicht besitzen.
    Man kann sie nicht beschleunigen, auch nicht aufhalten.
    Man kann sie verbringen oder vertrödeln, aber nicht behalten.
    Und hast man sie einmal verloren, bekommt man sie nie wieder zurück.
    Sie ist einfach vorbei.



    Als Kind lernt man das Laufen und als Erwachsener,nach dem Hinfallen wieder aufzustehen.

  • Urpandas, herrlich :) und gleich zwei. Wunderbar.
    Wollte mal kurz berichten, dass ich mich überwunden habe und den Y10 trotz Schneefall aus der Garage geholt habe. Es war merkwürdig, aber doch auch beruhigend und schön ihn tuckeln zu hören. Mehr als raus aus der Garage ging nicht, da er nur Sommerreifen hat und die Straße ziemlich glatt war. Er durfe eine halbe Stunde laufen, während ich Schnee gefegt habe. Wenn in ein paar Tagen die Urnenbeisetzung auf unserem kleinen Dorffriedhof stattfindet, werde ich ihn auch mitnehmen (nicht auf den Friedhof, aber davor).


    Danke ritmo-hannes :)