Hallo Andreas und Peter,
kaum vom Weihnachtsmarkt zurück, muss ich wieder Nachhilfe in Sachen Fahrwerkstechnik für die Heckmotorfraktion erteilen .
Eigentlich ist der Einbau der Versatzträger selbsterklärend und gibt aber dennoch für den ungeübten Schrauber viele Fragen auf, ff.
Beim Fiat 126 der ersten Serie (bis 77/78), und noch mehr beim 500er, würde ich mir schon Gedanken über die Festigkeit des Querlenkerträgers und seiner Befestigungsbolzen machen. Der 500er hatte nämlich einen Querlenkerträger(knochen) mit außen nur 12 mm Durchmesser für die Schwingarmsilentblöcke gehabt, die beim 126 MK1 schon auf 13 mm gewachsen sind. Bei den richtigen FIAT-Autos mit Heckmotor, also ab dem 600er und 850er, sind die Querlenkerträgerknochen außen auf 14 mm Durchmesser gewachsen und damit auch der Innendurchmesser der Silentblöcke. Außen ist immer alles gleich geblieben. Siehe Fotos, die ich nachfolgend kommentieren werde, weil ein Foto mehr als 1000 Worte zum Verständnis sagen kann
links 600 + 850 mit 14 mm Innendurchmesser rechts 500 + 126 MK1 mit 13 mm Innendurchmesser
Silentblöcke nur bis zum Beginn der Nasen in den A-Arm Querlenker einpressen, damit der Versatzträger genau mittig sitzt und später der Nachlauf auch (erst einmal) stimmt.
20 mm Versatzträger aus hochfester Walzplatte EN AW 7075 gefräst. Zugfestigkeit Rm=450 MPa, Scherfestigkeit tB=270 MPa
hochfeste Befestigungsschraube DIN 6921, 14x1,5x45mm mit Flansch und Sperrverzahnung
Die Silentblöcke werden ohne die serienmäßigen Beilagescheiben befestigt, weil sonst die Mindesteinschraubtiefe der M14 nicht ausreichend ist !!! Das Anzugsdrehmoment ist mit geöltem Gewinde 90 - 100 Nm. Dazu muss der Querlenker sich in einer fast horizontalen, 2°30' nach oben gerichteten Position befinden.
Vergleich Serie und Alu-Versatzträger. Das Stahl-Drehteilende hat extrem kleine Übergangsradien mit Kraftlinienbehinderung, die beim Alu-Frästeil nicht vorliegen. Die von Andreas befürchtete negative Hebelwirkung auf die M10 Befestigungsbolzen in der Karosserie kann diesseits nicht geteilt werden. Die Normalkraft bleibt gleich, Das Drehmoment, das vom A-Arm über die 2 Silentblöcke auf den Versatzträger übertragen wird, ist zu vernachlässigen. Wer es mag, kann sich zur Sicherheit noch 2 Schrauben zusätzlich im Bereich der Langlöcher durch die Seitenwand bohren. Beim 500er und 126er bei deren fragilen Radhausblech durchaus ratsam, aber beim 600er oder 850er nicht erforderlich, weil z.B. für den Abarth 1000 TC gibt es für diese Stelle ein einschweißbares Verstärkungsblech, das beim 850er bereits serienmäßig vorhanden ist, s.u.
Jetzt kommen wir hier ins Eingemachte mit Blick auf die rechte Vorderachsseite beim ABARTH 1000 OTS Coupe. Wer genau hinschaut, kann dass Verstärkungsblech auf dem Seitenwandstehblech erkennen, an dessen unteren Ende der Gummianschlagpuffer sitzt, der nicht zu entfernen ist, wegen der Durchschlaggefahr beim Einfedern der VA, mit Zerstörung der Stossdämpferbodenventile (KONI, SPAX, Bilstein) !! Hier ist die ABARTH-Blattfeder mit den nach oben gedrehten Endaugen verbaut. Wer ganz genau hinschaut, sieht bei der Blattfeder die entfernte oberste Federlage, die keiner braucht, und den zur zusätzlichen Führung und Abstützung der Blattfeder verbauten U-Träger, der gegen die horizontal wirkenden Bremsstützkräfte wirkt, die über die Estendblöcke im Federauge auf die Blattfeder einwirken. Schwenkt das Auge des Betrachters nun ganz nach oben in Richtung A-Arm Querlenker, sieht man(n), dass der Befestigungsbolzen M12x1,25mm, zwischen Achsschenkelträger und A-Arm nicht in der Normalposition sitzt, sondern das Durchgangsloch im A-Arm nach innen versetzt worden ist. Dafür sind zwei Gründe verantwortlich. Die ABARTH-Blattfeder hat in der gestreckten, belasteten Einstellposition (4 Personen Gewicht + 30 kg im Gepäckraum + 10 kg auf Ablagefläche hinter der hinteren Sitzbank) vielfach eine andere Länge als die Serienblattfeder ! In diesem Fall war sie länger gewesen. Um die Freigängigkeit des A-Arm gegenüber der Seitenwand zu gewährleisten, konnte man hier nicht beliebig viele der Ausgleichscheiben für Sturz und Nachlauf wegnehmen, Also musste der dadurch erforderlich gewordenen Versatz der o.g. Durchgangsbohrung für den Achsschenkelträgerbolzen, auch die durch Punktschweissverfahren befestigte Augenscheibe im A-Arm ausgebohrt werden. Im A-Arm dann ein nach innen versetzt neues Loch gebohrt werden, und die Augenscheibe wieder in neuer Position eingeschweisst werden. Hier hört normalerweise das Können der Hobbyschrauber auf, weil die Neupositionierung der beiden Durchgangslöcher im A-Arm für den Achsschenkelträgerbolzen, diesen überfordern wird. Diese zusätzliche Aktion geht nur mit den serienmäßigen A-Arm Querlenkern (Fiat sagt Schwingarme), und nicht mit den 126er Schwingarmen, weil deren Endkappe in diesem Bereich sehr hinderlich ist.
Jüngster Fall. Vorderachsaufhängung rechts von einem 1Abarth 000 TC Corsa, bei dem von den dänischen Erbauern so richtig alles falsch gemacht worden ist ! Der Original Stahl-Querlenkerversatzträger von ABARTH (Berni Motori) ist verkehrt herum montiert worden ! Damit ist der beabsichtigte Effekt, den horizontalen Querlenkerwinkel und die Spurstangenhöhe in eine fahrbare Höhe zu bringen, ins Gegenteil verkehrt worden !!! In allen Schwingenlagern waren außerdem teure PE-Buchsen (Berni Motori) anstatt der Gummisilente verbaut gewesen. Die Buchsen waren so angeknallt worden, dass sich sich nichts mehr drehen und das Fahrzeug keine Einfederungsbewegung mehr machen konnte ! Gleiches hatte man mit den Hinterachsschwingenlagern gemacht, mit dem Effekt, keine Einfederung möglich, wodurch das Fahrzeug absolut unfahrbar geworden war. Wussten die nicht, dass sich die Linien der Schräglenkerachsen kreuzen ? Ist doch kein BMW 02, bei dem das geht. Was die nordischen Simpel hier mit dem Lenkgetriebe noch veranstaltet haben, will ich nicht näher beschreiben. Konnte aber alles von der Fa. Backes & Schürgers in Viersen fachgerecht behoben werden. Von wem auch sonst ?
Verstärkte 600/850 A-Arme, noch ohne den Versatz der Durchgangslöcher für den Achsschenkelträgerbolzen
Wenn die neuen Gummisilentbuchsen eingepresst worden sind, lässt sich mit diesem Versatzträger die richtige Position mit 14er Scheiben ausmitteln, was für den Nachlaufwinkel von 9° +/- 1° wichtig sein werden wird.
Jetzt viel Spass beim Schrauben, und das nicht nur in der Weihnachtszeit. Euch allen ein Frohes Fest
Fragen kostet nur meine Lebenszeit.
Gruss aus dem Fahrwerkdschungel
ABARTH-Klaus