Lackierer und Ihre Mondpreise

  • Sandstrahlen birgt auch Sand bzw. Strahlmittelreste in den Hohlräumen,die nicht restlos entfernt werden können. Entlacken ist besser, KTL- Beschichten danach wäre natürlich schön, leider findet man nach dem Entlacken so etliche Stellen die marode sind und erst geschweißt werden müssen. Zum Lackieren noch einmal, wenn man selbst die Möglichkeit hat (und auch die Fähigkeit ) alle Vorarbeiten selbst zu erledigen ,kann man auch eine Kabine mieten. Mit ein wenig Glück findest du auch einen Autolackiererlehrling im 3. Jahr, der für die 2 Stunden gerne mal 200 Euro verdienen möchte.

  • Da wir unseren 238 neu lackieren lassen, haben wir uns vorab einige Angebote geben lassen. Der Spitzenreiter wollte 15.000 € für die Neulackierung, welche teilweise auch innen gemacht werden sollte.

    Der vom Vorbesitzer verwendete Lack einer Neulackierung in einer Hinterhofwerkstatt war leider kein Autolack, sondern irgendein Baumarktlack, welcher nicht hart genug war und zum verkratzen neigte.

    Unter der Hand lackiert sollte es bei jemanden in der Halle auch noch 4500 € kosten, ohne Lack, der sollte extra gerechnet werden.

    Ende vom Lied, wir haben einen Profilackierwerkstatt, welche Erfahrung mit Oldtimern hat, leider 2CV´s, beauftragt, einige Arbeiten selber gemacht und einen halbwegs akzeptablen Preis von 7000 €, inkl. Lack und Gewährleistung.

    Fazit für uns: Selber lackieren, geht leider nicht wg. fehlender Halle und entsprechendem Equipment, Schwarzlackieren kostet zwar weniger, aber Qualität und Gewährleistung ist nicht immer gegeben und kann unter Umständen teurer sein.

    Der Lackierer, den wir jetzt beauftragt haben versteht sein Handwerk und wir werden ein vernüftig lackiertes Fahrzeug haben, welches für die nächsten Jahregut in seinem Blechkleid dasteht.

  • Der Preis ist heiss, könnte man sagen, ohne sich die Finger dabei verbrennen zu müssen.


    Betrachten wir die Sache doch einmal genauer und mit fundierten Zahlen für eine werkstattgerechte Kalkulation einer sach.- und fachgerecht ausgeführten Ganzlackierung in der Lackstufe III nach Herstellervorgaben (FIAT Arbeitspositions-Nummer 701 91 040). Für diesen Fall stehen mir aus meinen alten SV-Zeiten noch die DAT-Kalkulationsunterlagen zur Verfügung.


    Für unsere hier zumeist vertretenen Schätzchen gibt es für die nachfolgend genannten FIAT-Typen folgende Zeitvorgaben bei einer Uni-Ganzlackierung, incl. Rüstzeit für Arbeitsplatz und Lackierkabine :


    - 127 3-türig: 27,8 Stunden

    - 128 4-türig: 31,8 Stunden

    - 128 3P : 25,4 Stunden

    - Ritmo: 29 Stunden


    In den o.g. Arbeitsstunden sind folgende Lackierungspositionen und Arbeitsgänge eingeschlossen:

    Schleifen, Teile spachteln, Grundierung und Füller spritzen, Decklackspritzen.

    Soweit erforderlich Scheiben, Zierleisten, usw. mit Papier abdecken, Abdeckband und Papier entfernen.

    Wenn Scheiben, Leuchten, Leisten, Stoßstangen und weitere Anbauteile aus.- und eingebaut werden sollen, erhöhen sich die o.g. Basiszeiten. Da wir aber diese Arbeiten im Vorfeld selber erledigen können, lassen wir die o.g. Zeiten erst einmal so stehen.


    Materialbedarf für den Lackierer: (das hat natürlich jeder zu Hause in seiner Garagenlackierkabine vorrätig)

    - Schleifpapier P80 - P800

    - Schleifscheiben

    - Schleifpad

    - Spachtel (KH-Schnell, Nitro-Kombi, Polyester-Spritzspachtel)

    - Reaktionsgrund, Füllprimer

    - Abdeckpapier 20cm und 90 cm mit Klebeband

    - KH-Lack 1-Schicht

    - Härter 20/80, 2K

    - Verdünnung

    - Waschverdünnung

    - Silikonentferner

    - Spritzmaske usw.


    Schauen wir uns die durchschnittlichen Stundenverrechnungssätze (SVS) in Deutschland an, gibt es da große Unterschiede zwischen Groß/Kleinstädten, Nord/Ostregionen. Die im ZKF (Zentralverband Karosserie.- und Fahrzeugtechnik) zuletzt in 2021 ermittelten SVS ohne MWST, lagen bei den Lackierbetrieben bei 133,23 EUR/Std.


    Bei Betrachtung der aktuellen durchschnittlichen SVS für Lackierbetriebe, die man auf dem DEKRA-Portal sogar nach der PLZ selektieren kann, werden im Gebiet von Chris, PLZ 32423, derzeit moderate 141,25 EUR (netto) aufgerufen.


    Rechnen wir doch einmal den Fiat 127, der dem Autobianchi ja sehr verwandt ist:


    Lackierzeit 27,8 h x 141,25 EUR/h x 1,25 (gerundeter Materialaufschlag) + 19% MWST = 5.841.- EUR brutto.


    Du siehst also lieber Chris, dass dir dein Lackierer nicht unbedingt einen Mondpreis genannt hat, sondern ziemlich genau eine Überschlagskalkulation im Kopf gemacht hat. Billig ist nicht preiswert.


    Wenn ich mir die jetzt exakt 40 Jahre alte 2-Farben-Metallic-2Schicht-Lackierung an meinem Borgward Isabella Coupe´ so ansehe, und die 95 Stunden Lackiererzeiten (nackte Rohkarosserie + alle Anbauteile einzeln lackiert) auf der damaligen Rechnung betrachte, weiss ich heute auch warum die Lackierung die Jury beim Concours d´Elegance beim Oldtimer GP in Zolder 2022 begeistert hat und mir den Preis für "car of the show" gegeben hat. Mit einer sogenannten "Flitschlackierung" wäre das nicht passiert. Ihr könnt ja mal rechnen, was so eine Lackierung heute kosten würde mit einem SVS in Krefeld von aktuell netto 165,25 EUR und Materialkoeffizient 1,35 für Metallic-Lackierung. (Tipp, das ist ca. der 2-fache DM-Neupreis in 1959 für den Borgward).


    Gruss aus dem Lackiererdschungel

    Klaus




  • Die Zahlen des ZKF sind nicht schlecht....ein Verrechnungssatz von ca 133€ hat im Osten wahrscheinlich nur einer der Versicherungsschäden macht. Alle anderen wären pleite😅


    Aber bei den ganzen Auflagen und vor allem Energiekosten und gestiegenen teilweise nicht nachvollziehbaren Materialkosten braucht man sich nicht wundern...das Mondzahlen entstehen.

  • ich gebe dir da vollkommen recht was die Preise im Osten betreffen. Der Opa,der zum Lackierer kommt und dem Meister seine Beule und den Kratzer in der Frontstoßstange zeigt und dem Meister schon den Fuffi aus seiner Tasche geben will, bekommt einen Herzkasper wenn der Meister ihm aus Mitleid einen Freundschaftspreis von 700 Euro macht. Dann fährt die Beule eben ewig rum.

    • Offizieller Beitrag

    Oh man, das ist ja überall so schlimm. =O
    Wenn man bedenkt das wir alle nicht jünger werden und nicht mehr verdienen, sieht es nicht sehr rosig auf für unsere Autos.
    Und das nicht nur wegen der Spritkosten.


    Die Preise sind wirklich jenseits von Gut und Böse. Ein Normalverdiener kann sich dabei ja schon Gedanken machen, ob er sein Schätzchen neu lackt oder den Rest des Jahres das Essen usw. einstellt. Gruselig...

    Da kannste die Kiste lacken und anschließend gleich verkaufen um die Kosten für die Arbeit wieder reinzukriegen. Oder gleich in ner Halle verrotten lassen Kein schöner Gedanke. ;(


    Haben wir im Forum denn niemanden der sowas übernehmen könnte?


    Zeit spielt ja nie eine Rolle, nur Geld. Ich bin ja sicher nicht der einzige mit dem Problem. Und nein, Lack und Blech kann ich nicht.


    Lg.

    Chris

  • schon richtig, dass gute Arbeit bezahlt werden will und soll. Ich für mein Teil habe das Hobby, weil ich möglichst viel selber machen will. Das hat bei meinem A112 auch bis auf feinwuchten des Kurbeltriebs und fräsen von neuen Sitzen für die großen Ventile wunderbar geklappt. Sicher ist die Garagenlackierung nicht concours, aber was solls? Ich habe mir Schleifpapier in 1500er und 3000er Körnung besorgt und ein Wochenende die "Fehlstellen" geschliffen. Hinterher mit der Poliermaschine nachgegangen und mir reicht das Ergebnis.

    Aber das muss jeder für sich entscheiden.

  • In den USA gibt es schon einige Enthusiasten die bei der Restaurierung ihres Autos den Lack auch selbst machen.

    Die Vorarbeit zum lackieren kriegt man hin, dauert halt am Anfang ewig.

    Für das eigentliche Lackieren kann man seine Garage etwas umfunktionieren, abhängen, die Wände nass machen, etc. oder ein Zelt im Garten bauen. Oder man geht in eine Lackierkabine in einer Mietwerkstatt.

    Die Pistole schwingen ist ja einfacher als die Vorarbeit, bzw. kann man sich dazu auch kurz jemanden einladen der es kann.
    Man kann am Schluss auch ein schlechte (aber dicke) Lackierung mit viel Schleifarbeit schön glatt und glänzend hinbekommen.


    Ich habe das jetzt bewusst etwas flapsig und vereinfacht dargestellt und Spaß würde mir das auch nicht machen.
    Aber außer Lackierung im Ausland oder keine Autos mehr kaufen die Lack benötigen, ist das einer der wenigen Auswege.

  • Fakt ist!!es wird schwieriger...es muss jeder selber entscheiden ob sich eine Restauration lohnt...rein zum Geld verdienen wahrscheinlich nicht. Bzw nicht mit solchen Autos.


    Aus eigenem Bekanntkreis kenne ich 3 gelernte Lacker.. 2 sind zu VW und streicheln lieber Karossen im Finish....der andere in die Industrie Maschinen anblasen...da kommt es nicht so drauf an meint er und mehr Geld gibt's auch...


    Sicher gibt es unter den vielen Fachkräften auch Lackierer....aber wollen die?!

  • 7.000 Lackierung. 500 Hohlraum-Versiegelung. 1.500-2.000 Sattlerarbeiten. 200 Euro alte Alufelgen+500 pulvern oder lackieren+400 für Reifen. Bremsen, Kupplung, Auspuff und Kleinkram etc. über Ebay ca. 1.000 Euro.

    200-400 Euro mit Trailer zum TÜV und Vollabnahme....

    Und wenn es ein Cabrio ist muss man die Summe nochmal verdoppeln für ein neues Verdeck :P


    Um noch eine kleine Lanze für den Nachwuchs zu brechen: Die Konstruktion der Autos heute stellt ganz andere Anforderungen als vor 30 Jahren oder noch länger. Heute werden sogar die Scheinwerfer eingeklebt und haben tragende/aussteifende Funktionen, kaum ein Bauteil das beim Austausch nicht in irgendeiner Datenbank registriert und angelernt werden muss.

    Die jungen Leute sind heute nicht "fauler" oder "nur noch aufs Geld aus". Die Work-Life-Balance findet mehr Beachtung, nur noch malochen bis zur Rente wie das früher wohl viele als gegeben hingenommen haben gibts nicht mehr. Und das ist auch gut so. Aber es gibt genug junge Leute die ihre Arbeit durchaus mit Leidenschaft und Herzblut ausführen. Nur halt nicht mehr in den klassischen Berufen, und da gehört wohl der Lackierer der mit Fingerspitzen statt mit Maschinen sein Handwerk ausführt offenbar auch dazu.


    Wenn sich jemand an soliden Karosseriearbeiten erfreuen will empfehle ich den youtube-Kanal von Garage 76. Dort gibts auch jede Menge Tipps für Hobbybastler. Nur leider nimmt der Betrieb keine Kundenaufträge mehr an, nachdem er ständig nur Ärger mit den Auftraggebern hatte.

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    Gut erklärte Videos wenn man selber vorbereiten will.

    Dann könnte man das Fahrzeug nur noch Lackieren lassen.

    • Offizieller Beitrag

    Schrauben kann auch nicht jeder. ;) Aber zumindestens kommen Schrauber in freier Wildbahn öfters vor als Lackierer und Karroseriemenschen.

    Kenne soviele die froh sind, wenn man denen nur ne Leuchtmittel wechselt oder mal eben das Öl..


    Ich hab für den Blech-und-Lackkrams leider 2 linke hände, und auch keinen Platz. Das sieht immer so einfach aus. Einfach drüber mit der Lackpistole und fertig. Ja Pustekuchen. :D Vor solchen Leuten hab ich Respekt.


    Es geht ja auch nicht darum die Arbeit zu schmälern, die Preise sind völlig daneben, das ist der Punkt.

    Da bräuchte man jemanden an der Hand wie die von Garage 76, die einen etwas Anleiten beim Abschleifen usw. Und das wichtige dann als Profi machen.

    Aber dafür braucht man ja auch wieder Platz... :cursing:


    italo-freak Wenn du Lust auf sowas hast, sag Bescheid :)


    Lg.
    Chris

  • chapeau, das nenn' ich ja mal ein "Off Topic"-dauerfeuer!


    ...und ich hab'/hatte es ja auch "gerade" hinter mir:


    auf den punkt gebracht, hat es klaus schon sehr gut dargestellt.

    Rechnen wir doch einmal den Fiat 127, der dem Autobianchi ja sehr verwandt ist:


    Lackierzeit 27,8 h x 141,25 EUR/h x 1,25 (gerundeter Materialaufschlag) + 19% MWST = 5.841.- EUR brutto.

    ...und wer jetzt nun noch eine tadellose oder mit vielen detailwünschen gespickte lackierung wünscht der weiß, dass selbst der beste/schnellste lackierer nicht in aufgerundet 40 stunden mit dem karren fertig ist.

    bei mir war es dann auch noch "zweifarbig", innen matt / außen glänzend, und noch zwei schwarze applikationen abschließend. dazu gab's noch eine bebilderte 24-seitige arbeitsmappe mit detailfotos der ganzen problemzonen, die natürlich auch noch beackert werden wollten/sollten, incl. sämtlicher spachtel-, grundier- und abdichtarbeiten.

    das habe ich bewußt nicht gemacht, da sollte der lacker lieber seinen kram verwenden! ich hab schon zu genüge frisch lackierte autos ein, zwei jahre später gesehen, wo dann die spachtelstellen und excenterschleifriefen in der lackoberfläche "durchgedrückt" haben.


    fazit: die fantasie läßt keinen zweifel, dass das ganze keine 40 oder 80stunden dauern kann, zu dem sicher auch noch teilweise ein zweiter mitarbeiter die hand angelegt hat, vermutlich eher das doppelte an "mann-stunden", vom einkleben bis hin zu finisharbeiten. das/mein auto stand insgesamt knappe acht wochen beim lackierer.


    jetzt kann man mit den von klaus anmoderierten stundensätzen spielen, und sich irgendwelche zahlen schön rechnen. es kommt dabei aber nichts für den gesunden menschenverstand raus. ...als kompensation für den finanziellen aufwand und das eigentliche "no go" für solche projekte, würde ich noch das wort "hobby" nennen wollen.


    alternativ bleibt dann wirklich die in beitrag #29 von GuenterausAachen genannte variante. (man kann ja vorher an alten blechteilen trainieren) das ganze dauert vermutlich auch ein biss'l, und für's gute ergebnis wäre dann die schützenhilfe von jemanden, der's schon mal gemacht hat ratsam. selbst wenn die ergebnisse nicht wirklich vergleichbar sein könnten, hat's man aber selbst gemacht und ist somit auch eine form der hobbyumsetzung mit aller freud' & leid!

    grüße chris

  • Also der Bedarf an Ganzlackierungen ist sehr sehr hoch.

    Das Problem ist doch das es einen großen Unterschied macht auf was man als Lackiererei hinaus will.

    Ob man mit Kleinteile/Neuteile bzw. mal ne ganze Seite lackieren u. damit sein Geld verdienen will, oder halt große einzelne Arbeiten erledigen will.

    Wobei man beachten soll wie bei den ISO Zertifizierten Lackierereien, die für die Versicherungen arbeiten, für die

    die Stundenlöhne in den Keller gehen. Da reden wir von weit unter 100€ Stundenlohn.

    Und das obwohl die Jungs alles vom Feinsten haben MÜSSEN !

    Schon alleine das Miracle-System. Die meisten Chefs dort sind übrigens keine Lackierer !

    Alles Gutachter !!!!! Die arbeiten auch nur über Masse. Und fragt nicht was die nur als Lohn bezahlen !!

    Kommt man also als Privatmann, gehen bei denen gleich die Eurozeichen in den Augen auf.

    Fazit, die müssen als Werkstatt ganz anders ausgestattet sein. Viel teurer. ! Damit se die billigen Versicherungsaufträge bekommen u. dadurch überhaupt noch auf ihr Geld zu kommen.

    Thema Lackiererei für z.b. ich schreib mal große Arbeiten.

    Mehr Platz, größere Kabine mit seperaten Grundierstand, weniger Werkzeuge, weniger QUALIFIZIERTES Personal, einen guten Chef der zur Not noch alles selber kann u. dadurch die Abläufe versteht ! Und natürlich mind. einen guten Lackierer.

    Auf den Rest geh ich gar nicht mehr ein.